Beschluss: Abstimmungsergebnis: einstimmig beschlossen

Beschluss:

Der Rat nimmt das geplante Vorgehen zur Übertragung Strom- und Gasnetze der EWV auf die 100%-Tochtergesellschaft regionetz zu Kenntnis und stimmt ihm zu.

 

 


 

1. Ausgangssituation

Die EWV Energie- und Wasser-Versorgung GmbH (EWV), an der die Stadt Heinsberg einen Geschäftsanteil von 0,003 % am Stammkapital hält, ist Inhaberin von Strom- und Gaskonzessionen in einer Vielzahl von Städten und Gemeinden in ihrem Versorgungsgebiet und Eigentümerin der entsprechenden Strom- und Gasnetze. Die Netzbewirtschaftung erfolgt durch die hundertprozentige Tochtergesellschaft regionetz GmbH (regionetz) auf Grundlage von Pachtverträgen.

EWV beabsichtigt zur wirtschaftlichen und regulatorischen Optimierung des Netzgeschäfts das Eigentum an den Strom- und Gasnetzen auf die regionetz zu übertragen. Voraussetzung für die Umsetzung der Übertragung des Netzeigentums ist die steuerneutrale Übertragung der Netze von der EWV auf die regionetz in Form einer Ausgliederung nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG).

Der Aufsichtsrat hat in seiner Sitzung am 17. Dezember 2015 nach ausführlicher Beratung seine Zustimmung erteilt und eine entsprechende Empfehlung zur Zustimmung der Übertragung an die Gesellschafterversammlung ausgesprochen.

 

2. Regulatorischer Hintergrund

Die Entgelte für die Nutzung der Netze durch die Lieferanten von Strom und Gas unterliegen der Kostenprüfung durch die zuständigen Regulierungsbehörden. Die Erfahrungen der zurückliegenden Prüfungen zeigen, dass durch ein Auseinanderfallen von Eigentum an den Strom- und Gasnetzen bei EWV einerseits und Pensionsrückstellungen für Mitarbeiter des Netzbetriebs bei der regionetz andererseits ein regulatorischer Nachteil besteht:

Der regulatorische Nachteil besteht im sogenannten negativen Eigenkapital auf Ebene der regionetz, das wiederum zu hohen negativen Eigenkapitalzinsen führt. Diese reduzieren die im Rahmen der Prüfung anerkennungsfähigen Netzkosten. Die wirtschaftliche Folge aus diesen bilanziellen Effekten ist eine Verringerung der Erlösobergrenze und somit der Ertragsmöglichkeiten der regionetz. Im Ergebnis erzielen EWV/regionetz daher nicht die volle regulatorisch mögliche Verzinsung des in den Netzen gebundenen Kapitals. In der Folge fallen die Gewinnausschüttungen der EWV an ihre Gesellschafter geringer aus als ohne den regulatorischen Nachteil.

Im Verlauf von Anhörungsverfahren zur Festlegung der Erlösobergrenzen für die zweite Regulierungsperiode wurde deutlich, dass die Bundesnetzagentur – abweichend vom Vorgehen der Landesregulierungsbehörde NRW – auf dieser restriktiven und vor allem für Netzbetreiber im Pachtmodell deutlich nachteiligen Regulierungspraxis beharrt. Zur Minimierung dieses Risikos mit Blick auf die kommende Kostenprüfung wurden alternative Ansätze hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit und ihres Lösungspotenzials geprüft und bewertet. Die Bewertung orientiert sich am aktuellen Regulierungsrahmen. Von einer wesentlichen Änderung der Risikolage ist nach derzeitiger Einschätzung auch im Zuge der zu erwartenden Novellierung der Anreizregulierungsverordnung nicht auszugehen. Die durchgeführten Analysen führen zu dem Ergebnis, dass die Übertragung des Eigentums an den Versorgungsnetzen Strom und Gas von EWV auf regionetz die höchste Sicherheit zur Vermeidung negativen Eigenkapitals bietet.

 

3. Wirtschaftliche und bilanzielle Auswirkungen

Die Umsetzung der Eigentumsübertragung wird unter der Prämisse der Fortführung des heutigen Regulierungssystems im Vergleich zur Fortführung des Status-Quo zu einer Ergebnisverbesserung im Netzbereich von rd. 1,2 Mio. EUR p.a. (715 T€ Strom und 451 T€ Gas) ab der dritten Regulierungsperiode (2018ff.) führen. Sollte entgegen der bereits geführten Gespräche mit der LRegB NRW die Assetübertragung für das Gasnetz (Fotojahr 2015) nicht anerkannt werden, so vermindert sich der Vorteil auf rd. 700 T€ p. a. in der 3. Regulierungsperiode. Diesem Vorteil stehen einmalig anfallende Kosten der Umsetzung der Asseteinbringung i. H. v. knapp 600 T€ gegenüber (Beraterkosten, Verwaltungsverfahrenskosten, Notarkosten, u.a.).

Die Übertragung des Netzeigentums von der EWV auf die regionetz hat bei Betrachtung der konsolidierten Bilanz der EWV und der regionetz keine Auswirkungen: In der EWV-Bilanz findet ein reiner Aktivtausch statt. Die Position „langfristiges Vermögen“ verringert sich, dafür steigt die Position „Beteiligung an regionetz“. Bei der regionetz steigt auf der Aktivseite der Posten „langfristige Vermögen“, auf der Passivseite verschwindet das negative Eigenkapital zugunsten eines hohen positiven Betrags. Aufgrund der Konzernstruktur bleiben in der Konzernbilanz die Position „Langfristiges Vermögen“ und die Bilanzsummen unverändert im Vergleich zur Konzernbilanz vor der Eigentumsübertragung.

 

4. Steuerliche Implikationen

Aus steuerlicher Sicht bedarf es für den Netzübergang einer steuerneutralen Eigentumsübertragung im Wege der Ausgliederung eines steuerlichen Teilbetriebs. Dazu fand im November ein Vorgespräch mit der zuständigen Finanzverwaltung (Finanzamt Aachen) statt. Aus dem Gespräch haben sich keine grundsätzlichen Hindernisse für die Anerkennung des steuerlichen Teilbetriebes ergeben.

 

5. Ausgliederung der Netze nach dem Umwandlungsgesetz

Im Rahmen der steuerneutralen Eigentumsübertragung ist das Eigentum an den Strom- und Gasnetzen im Wege eines notariellen Ausgliederungsvertrags nach § 123 Abs. 3 UmwG von der EWV auf die regionetz zu übertragen. Dies soll rückwirkend zum  1. Januar 2016 in Form einer Ausgliederung zur Aufnahme gem. § 123 Abs. 3 UmwG erfolgen. Dieser Termin ist vor dem Hintergrund des sog. Fotojahres in der Regulierungspraxis wichtig, damit die o.g. Effekte ab der nächsten Regulierungsperiode (2018ff.) greifen. Für eine Rückwirkung des steuerlichen Teilbetriebes zum 1. Januar 2016 muss die Ausgliederung formal (vertraglich und buchhalterisch) bis zum 31. August 2016 erfolgen.

Das Umwandlungssteuerrecht sieht zwingend vor, dass dem übertragenden Rechtsträger ein Geschäftsanteil am übernehmenden Rechtsträger gewährt wird. Dazu ist eine Erhöhung des Stammkapitals der regionetz erforderlich, die in der Höhe von 1.000,00 EUR vorgesehen ist. Da die EWV einzige Gesellschafterin der regionetz ist, hat diese Kapitalerhöhung keine weiteren wirtschaftlichen Auswirkungen.

 

6. Beschlussnotwendigkeit und Anzeigeverfahren

Die Kommunalaufsichtsbehörden sehen solche Umstrukturierungsvorgänge als wesentliche Veränderungen im Rahmen der kommunalen Beteiligungsgesellschaften an und fordern daher, dass zu solchen Vorgängen Ratsbeschlüsse gefasst werden, bevor die kommunalen Vertreter in den Beschlussgremien der Beteiligungsgesellschaften ihre Zustimmung erteilen, vgl. § 108 Abs. 6 GO. Dieser hier zu fassende Beschluss ist im Sinne des § 115 GO der Kommunalaufsicht (hier der Bezirksregierung Köln) anzuzeigen.

Der Ausgliederungsvertrag bedarf somit der Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung der EWV und der regionetz. Um einen rechtzeitigen Vollzug des Netzübergangs im Handelsregister zu gewährleisten, müssen alle Gesellschafter der beiden beteiligten Unternehmen EWV und regionetz aus formalen Gründen neben der Zustimmung zum Ausgliederungsvertrag auch den Verzicht auf die Erstellung eines Ausgliederungsberichts und einen Klageverzicht erklären. Die dafür erforderliche Beschlussfassung in den Gesellschafterversammlungen der EWV und regionetz sollen in einer Sondersitzung vor der Sommerpause 2016 erfolgen.

 

Der Entwurf des Ausgliederungsvertrages (ohne Anlagen zum Ausgliederungsvertrag) war der Sitzungsvorlage als Anlage beigefügt.