Sitzung: 28.09.2022 Rat
Beschluss: Abstimmungsergebnis: einstimmig beschlossen
Vorlage: 2022/Amt 30/00229
Beschluss:
Bei der Stadt Heinsberg soll ein KOD nach den vorgenannten Rahmendaten aufgebaut werden. Die Beschaffung eines Dienstfahrzeuges mit Kosten von max. 50.000 € wird beschlossen. Der Stellenplan des Haushaltsjahres 2023 ff. ist entsprechend anzupassen; die maßgeblichen Personalaufwendungen sowie die notwendigen Beschaffungskosten für materielle Ausstattung sind einzustellen.
Der Rat der Stadt Heinsberg hat in seiner Sitzung vom 30.03.2022
beschlossen, die Verwaltung möge prüfen, durch welche Maßnahmen (in personeller
und materieller Hinsicht) eine Steigerung der öffentlichen Sicherheit und
Ordnung erreicht werden kann.
Ausgangssituation
Die Anforderungen an die Stadt Heinsberg, im Bereich der ihr als
Aufgabe originär zugewiesenen öffentlichen Sicherheit und Ordnung verstärkt
tätig zu werden, haben sich in der Vergangenheit aus verschiedensten Gründen
erhöht. Einerseits wird der Bedarf aus der Bevölkerung verstärkt an die Stadt
Heinsberg herangetragen. Begründet sein dürfte dies sowohl in einem subjektiven
Sicherheitsempfinden (z.B. aufgrund von Meldungen in den Medien über bestimmte
Ereignisse oder durch die Wahrnehmung bestimmter Orte und Situationen als
„gefährlich“), als auch aufgrund objektiver Gegebenheiten (z.B. einer
tatsächlichen Wahrnehmung bestimmter Straftaten und Ordnungswidrigkeiten wie
etwa Sachbeschädigungen oder illegalen Müllablagerungen). Schließlich wird
dieser Bedarf auch durch die Kreispolizeibehörde kommuniziert, um dort weniger
umfänglich im Rahmen der dortigen subsidiären Zuständigkeit tätig zu werden und
somit freiwerdende Kapazitäten anderweitig zu verwenden.
Die Stadt Heinsberg vergibt bereits seit einigen Jahren
Überwachungstätigkeiten an einen externen Sicherheitsdienstleister im
öffentlichen Raum (sog. City-Streife und Lago-Streife). Die City-Streife wird
vorwiegend am Wochenende an besonders prägnanten Einsatzbereichen (z.B.
Burgberg oder Heinsberg-Galerie) tätig. Die Lago-Streife wird in den
Sommermonaten und bei entsprechender Witterung im Bereich des
Naherholungsgebietes „Lago Laprello“ eingesetzt.
Sicherheitsaufgaben zum Schutz kommunaler Liegenschaften können
grundsätzlich zwar auf private Sicherheitsunternehmen übertragen werden. Als
Eigentümer von kommunalen Liegenschaften verfügen Kommunen über das Hausrecht.
Private Sicherheitsdienste dürfen jedoch nicht zur Durchsetzung des Hausrechtes
an Grundstücken eingesetzt werden, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind.
Dies gilt auch für Parks, Kinderspielplätze und allgemein zugängliche
Parkplätze von kommunalen Immobilien. Beschäftigten von privaten
Sicherheitsunternehmen stehen wie jedem Bürger und jeder Bürgerin keine
Hoheitsrechte, sondern nur die sog. „Jedermannsrechte“ zu. Diese gestatten
lediglich Eingriffe in die Rechte Dritter allein zum Schutz eigener privater
Rechtsgüter und Notwehr. Eine Beauftragung eines Unternehmens mit der
Wahrnehmung ordnungsbehördlicher Aufgaben ist somit nicht zulässig (z.B.
Aussprache von Platzverweisen, Vornahme von Identitätsfeststellungen,
Durchsuchung von Personen, Sicherstellung und Verwahrung von Sachen). Zulässig
ist lediglich eine unselbstständige, unterstützende Tätigkeit im Rahmen der
Verwaltungshilfe (z.B. gemeinsame Streife). Unzulässig ist ferner die
Ausstattung der Beschäftigten von Sicherheitsdiensten mit Bekleidung, die sie
als kommunale Bedienstete ausweist.
Die Anzahl von Ordnungswidrigkeiten im öffentlichen Raum, die durch
den Sicherheitsdienst lediglich dokumentiert und dann durch das Rechts- und
Ordnungsamt verfolgt werden, steigt in den letzten Jahren kontinuierlich an.
Diese Tendenz lässt die Schlussfolgerung zu, dass sich ohne die Durchführung
ordnungsbehördlicher Maßnahmen mit stadteigenem Personal eine Steigerung des
Sicherheitsgefühls im öffentlichen Raum nicht erzielen lässt. Aus diesem Grunde
ist es erforderlich, aus stadteigenem Personal einen kommunalen Ordnungsdienst
(KOD) aufzubauen.
Der KOD soll für jeden im Stadtgebiet sichtbar und erlebbar sein. Die
Erfahrung anderer Städte und Gemeinden mit KODs zeigt, dass dies von den
Bürgerinnen und Bürgern deutlich wahrgenommen und positiv bewertet wird. Auch
die objektive Sicherheit kann dadurch gestärkt werden, dass verschiedene Ordnungswidrigkeiten
bzw. Straftaten präventiv verhindert bzw. in der Nachverfolgung effektiver
geahndet werden können. Eine vollständige Befriedigung der zuvor beschriebenen
Ansprüche (z.B. im Wege einer 24/7-Rufbereitschaft), insbesondere die
Befriedigung des Sicherheits-bedürfnisses Einzelner, ist mit einem angemessenen
finanziellen Rahmen jedoch ausgeschlossen.
Der derzeitige „Außendienst“ des Rechts- und Ordnungsamtes fokussiert
sich im Wesentlichen auf die Verkehrsüberwachung, auf die Betreuung der Flüchtlingsunterkünfte
und die Durchführung von Schulzuführungen. Darüber hinaus unterhält das Rechts-
und Ordnungsamt eine Rufbereitschaft für die sofortige Unterbringung von
Personen nach dem Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen
Krankheiten (PsychKG) sowie bei kurzfristiger Obdachlosigkeit. Die Bediensteten
verfügen nicht über gezielte Ausbildungen und Ausstattung für die Tätigkeiten
eines KODs. Erhebliche Mehrbelastungen für den Außendienst sind zudem im Rahmen
der ordnungsbehördlichen Umsetzung der mit der COVID-Pandemie in Zusammenhang
stehenden Regelungen entstanden. Hierzu gehörten beispielsweise die Zustellung
von Quarantänebescheiden und die Durchsetzung der Quarantäneanordnungen ebenso
wie gezielte Betriebskontrollen und die behördliche Begleitung von
Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz. Das Thema „Corona“ wird das Rechts-
und Ordnungsamt zukünftig weiter beschäftigen.
Personelle Ausstattung
Ausgangspunkt der Frage, wie viele Personen für einen KOD notwendig
sind, sind dabei zum einen die zugewiesenen Aufgaben und die Zeiträume, wann
diese durchzuführen sind. Eine genaue Aufgabendefinition und -festlegung,
zusammen mit der im vorangegangenen Kapitel beschriebenen Zielbeschreibung,
steht am Anfang der Personalausstattungsbewertung. Mit den Aufgaben
kristallisieren sich auch die Arbeitszeiten für den KOD heraus. Die Bekämpfung
von Ordnungsstörungen im öffentlichen Raum oder Lärmkontrollen bei Gaststätten
bedürfen einer anderen Einsatzzeit als die Kontrolle des ruhenden Verkehrs.
Ordnungsstörungen im öffentlichen Raum kommen am häufigsten in den Zeiten
zwischen 17.00 Uhr und 01.00 Uhr vor. Am Wochenende kann diese Zeit auch noch
weiter in die frühen Morgenstunden vorrücken. Auch unterscheiden sich die
Jahreszeiten und die Wochentage in ihren Einsatzhäufigkeiten. Eine
Unterscheidung zwischen Sommer- und Wintermonaten ist daher grundsätzlich
sinnvoll und sollte in der Planung Berücksichtigung finden. Auch die
unterschiedlichen Wochentage spielen in der Einsatzzeit, gekoppelt mit der Aufgabenwahrnehmung,
eine wichtige Aufgabe. Freitags und samstags sind mehr Menschen zum Vergnügen
in Gaststätten, Diskotheken und im Freien unterwegs. Daraus können sich
vermehrt Aufgaben für den KOD ergeben, die wiederum auf die Personalausstattung
Einfluss nehmen.
In den Zeiten ist auch zu berücksichtigen, dass die KOD-Mitarbeiter
nicht 100% ihrer Arbeitszeit im Außendienst unterwegs sind. Sie benötigen
Innendienstzeiten, in denen sie Berichte formulieren, Ermittlungen tätigen
können, Fortbildungen und Einsatztraining absolvieren oder
Ordnungswidrigkeitenanzeigen bearbeiten. Für die Innendienstzeit muss mind. 25%
der Dienstzeit gerechnet werden.
Bei der Personalberechnung ist auch davon auszugehen, dass der KOD
aufgrund seiner hoheitlichen Tätigkeit immer in Doppelstreife seinen Dienst
verrichten sollte. Dies ist notwendig, um die Eigensicherung beim Einschreiten
gewährleisten zu können. Des Weiteren ist nur so eine Beweissicherung durch
Zeugenbeweis möglich.
Qualifikation
Die Qualifikation der Mitarbeitenden ist einer der wichtigsten
Bausteine im Aufbau des KODs. Ebenso kommt es bei der in der Praxis oftmals
auftretenden Personalfluktuation bei bestehenden Ordnungsdiensten darauf an,
den neu hinzukommenden Mitarbeitern eine fundierte Aus- bzw. Fortbildung an die
Hand zu geben. Ausbildungen für KODs werden insbesondere über die
Studieninstitute für Verwaltung in NRW angeboten. Neben rechtlichem Wissen und
körperlichen Fähigkeiten (z.B. zur Selbstverteidigung) sind auch soziale
Handlungskompetenzen wichtige Voraussetzungen für den Einsatzdienst.
Problematisch stellt sich bisweilen die Heterogenität der Bewerber für
Stellen in KODs dar. Der Dienst ist für klassische Seiteneinsteiger
prädestiniert, nur wenige Bewerber kommen aus dem Umfeld polizeilicher Berufsfelder.
Ehemalige Mitarbeitende von Sicherheitsdiensten bilden ein großes Spektrum,
sind jedoch für andere Aufgaben ausgebildet und müssen erst die
ordnungsrechtlichen Dimensionen der Tätigkeit lernen. Da auch viele Bewerber
aus Dienst- oder Handwerksberufen stammen, ist das Wissen über die
Auseinandersetzung mit Recht, dem Vollzug des Rechts und die dahinterstehenden
Prinzipien nicht vorhanden und muss erarbeitet werden. Um alle
unterschiedlichen Erfahrungen zusammenzuführen und das Verständnis für die Vollzugstätigkeit
aufzubauen, benötigt es Zeit.
Materielle Ausstattung
Als wichtigstes Merkmal eines Vollzugsdienstes nach außen dient die
Uniform. Die Uniform sollte funktional sein und für alle Wetterlagen
vorbereitet sein. Eine Winter- und Sommervariante ist daher ein Muss. Es sind
verschiedene Anbieter von Uniformen auf dem Markt, die ähnliche, aber doch
unterschiedliche Designs und Qualitäten aufweisen. Üblich ist ein blauer
Uniformstoff. Mützen werden je nach Aufgabe und Kommune in unterschiedlicher
Ausführung, Schirmmütze oder Base-Cap, getragen. Immer verbreiteter ist das
Tragen von Sicherheitswesten, die entweder nur stichhemmend sind oder
zusätzlich gegen Schusswaffen Schutz bieten. Diese können unter dem
Hemd/T-Shirt oder als Überziehweste getragen werden.
Darüber hinaus sind die Mitarbeiter mit einem Einsatzstock und
Pfefferspray zum Eigenschutz auszustatten. Die Teams sind ferner mit
technischem Equipment (Smartphone, Tablet) für die Außendiensttätigkeit
auszustatten. Für Lärmmessungen ist ein Lärmmessgerät vorzuhalten.
KODs sind in der Regel mit Fahrzeugen ausgestattet, die optisch dem
eines Polizeifahrzeuges nachempfunden werden. Die Fahrzeuge müssen dem Zweck
und der Aufgabe des Ordnungsdienstes entsprechen. Kombis, Kastenwagen oder Vans
eignen sich gut, um Personen und Gegenstände zu transportieren. Außerdem ermöglichen
Vans eigene Einbauten, die das Fahrzeug zu einem Einsatzbüro machen. Daher ist
in der Konzeption des KODs auch festzulegen, ob Berichte auch im Fahrzeug
geschrieben werden können müssen.
Schließlich ist der richtige Umgang mit sämtlichen Einsatzmitteln
sicherzustellen und ebenfalls zu schulen.
Aufgaben
Das Aufgabenspektrum soll dabei vorwiegend nachstehende Aufgaben
umfassen:
·
Ansprechpartner
für Bürgerinnen und Bürger „vor Ort“ sein,
·
Ermittlung
und Meldung von Verunreinigungen (Abfälle, Hundekot) im öffentlichen
Verkehrsraum und in Anlagen (Kinderspielplätze, Friedhöfe, Parkanlagen etc.),
·
Ermittlung
und Meldung von Sachbeschädigungen an öffentlichen Gebäuden / Einrichtungen
(Farbschmierereien, Graffiti etc.),
·
Feststellung
von Aktivitäten, die das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger
beeinträchtigen (exzessiver öffentlicher Alkoholgenuss, unverhohlener
Drogenkonsum, Vandalismus, Rowdytum, Belästigungen etc.),
·
Weiterleitung
der Hinweise an die entsprechenden Institutionen (Sozialer Dienst, Drogenberatung,
Jugendamt etc.),
·
gemeinsamer
Streifendienst und gezielte Aktionen mit der Polizei nach Bedarf,
·
uniformierte
Streifentätigkeiten im gesamten Stadtgebiet, insbesondere die Überwachung
auffälliger Örtlichkeiten,
·
Durchsetzung
der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen
Sicherheit und Ordnung im Gebiet der Stadt Heinsberg,
·
Mitwirkung
bei ordnungsbehördlichen Maßnahmen in besonderen Einsatzlagen (z.B. Evakuierung
bei Bombenfunden, Überwachung von Sperrzonen bei Tierseuchen, Bewältigung von
Aufgaben im Zusammenhang mit der Coronapandemie etc.),
·
Überwachung
größerer Ereignisse (z.B. Veranstaltungen im öffentlichen Raum, Versammlungen
und Demonstrationen).
Bei diesen Aufgaben handelt es sich teilweise um pflichtige Aufgaben
(z.B. die Verfolgung und Ahndung von Verstößen gegen allgemeines und besonderes
Ordnungsrecht), teilweise um freiwillige Aufgaben der Verwaltung, deren
Übernahme gleichwohl geeignet ist, ein höheres Maß an öffentlicher Sicherheit
und Ordnung zu gewährleisten.
Die Einführung des KOD ist die wesentliche Grundlage für eine
Verbesserung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Darüber hinaus soll er
konzeptionell verbunden und praktisch unterstützt werden durch das bestehende
Netzwerk weiterer in den Aufgabenfeldern tätiger Akteure (bspw. Polizei,
Jugendamt, Träger der Kinder- und Jugendhilfe, Sozialhilfeträger und
Sozialarbeiter).
Um bereits kurzfristig mit dem Aufbau des KOD beginnen zu können,
wurde bereits jetzt die Stellennachbesetzung eines aus Altersgründen
ausscheidenden Außendienstmitarbeiters des Rechts- und Ordnungsamtes mit einer
dementsprechenden Qualifikation durchgeführt. Im Rahmen einer Übergangsphase
wird diese Kraft zu Erprobungszwecken in Kombination mit einer Kraft eines
externen Sicherheitsdienstes eingesetzt. Zudem erscheint die kurzfristige
Beschaffung eines geeigneten Einsatzfahrzeuges zielführend.
Perspektivisch sollte der KOD, auch aus der Erfahrung in anderen
Kommunen, wie folgt aufgebaut werden:
·
insgesamt
3 Vollzeitbeschäftigte,
·
hauptsächlich
wird im Spätdienst gearbeitet:
o
in
den Sommermonaten von 14:30 Uhr bis 23:00 Uhr (am Wochenende bis 24:00 Uhr),
o
in
den Wintermonaten von 13:30 Uhr bis 22:00 Uhr (am Wochenende bis 23:00 Uhr),
·
die
Dienste werden von jeweils 2 Beschäftigten ausgeführt,
·
KOD
wird jeden Tag eingesetzt.
Finanzierung
Die zusätzlichen Stellen (2 Vollzeitkräfte) sind für den Stellenplan
2023 vorzusehen. Die Personalkosten für die Folgejahre sind in der
mittelfristigen Finanzplanung einzustellen. Für die Beschaffung eines
Dienstfahrzeuges entstehen Kosten von ca. 50.000 €. Hierfür stehen im Rahmen
der Budgetierungsregeln der Haushaltssatzung innerhalb des Produktbereiches des
Rechts- und Ordnungsamtes im Haushaltsjahr 2022 entsprechende Mittel zur
Verfügung. Zudem werden durch zusätzliche Verwarn- und Bußgelder Erträge von
mindestens 50.000 € / Jahr erwartet. Weiterhin hat die Stadt Heinsberg im Jahr
2022 einmalig einen Landeszuschuss zur Unterstützung der örtlichen
Ordnungsbehörden in der Coronapandemiebekämpfung in Höhe von 106.630,92 €
erhalten. Hiermit werden die Kommunen bei der Bewältigung des Aufwandes, der
durch die örtlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Coronaschutzverordnung
entsteht, finanziell unterstützt.