Beschluss: Abstimmungsergebnis: einstimmig beschlossen

Beschluss:

Bei der Stadt Heinsberg soll ein KOD nach den vorgenannten Rahmendaten aufgebaut werden. Die Beschaffung eines Dienstfahrzeuges mit Kosten von max. 50.000 € wird beschlossen. Der Stellenplan des Haushaltsjahres 2023 ff. ist entsprechend anzupassen; die maßgeblichen Personalaufwendungen sowie die notwendigen Beschaffungskosten für materielle Ausstattung sind einzustellen.

 


Der Rat der Stadt Heinsberg hat in seiner Sitzung vom 30.03.2022 beschlossen, die Verwaltung möge prüfen, durch welche Maßnahmen (in personeller und materieller Hinsicht) eine Steigerung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erreicht werden kann.

 

Ausgangssituation

 

Die Anforderungen an die Stadt Heinsberg, im Bereich der ihr als Aufgabe originär zugewiesenen öffentlichen Sicherheit und Ordnung verstärkt tätig zu werden, haben sich in der Vergangenheit aus verschiedensten Gründen erhöht. Einerseits wird der Bedarf aus der Bevölkerung verstärkt an die Stadt Heinsberg herangetragen. Begründet sein dürfte dies sowohl in einem subjektiven Sicherheitsempfinden (z.B. aufgrund von Meldungen in den Medien über bestimmte Ereignisse oder durch die Wahrnehmung bestimmter Orte und Situationen als „gefährlich“), als auch aufgrund objektiver Gegebenheiten (z.B. einer tatsächlichen Wahrnehmung bestimmter Straftaten und Ordnungswidrigkeiten wie etwa Sachbeschädigungen oder illegalen Müllablagerungen). Schließlich wird dieser Bedarf auch durch die Kreispolizeibehörde kommuniziert, um dort weniger umfänglich im Rahmen der dortigen subsidiären Zuständigkeit tätig zu werden und somit freiwerdende Kapazitäten anderweitig zu verwenden.

 

Die Stadt Heinsberg vergibt bereits seit einigen Jahren Überwachungstätigkeiten an einen externen Sicherheitsdienstleister im öffentlichen Raum (sog. City-Streife und Lago-Streife). Die City-Streife wird vorwiegend am Wochenende an besonders prägnanten Einsatzbereichen (z.B. Burgberg oder Heinsberg-Galerie) tätig. Die Lago-Streife wird in den Sommermonaten und bei entsprechender Witterung im Bereich des Naherholungsgebietes „Lago Laprello“ eingesetzt.

 

Sicherheitsaufgaben zum Schutz kommunaler Liegenschaften können grundsätzlich zwar auf private Sicherheitsunternehmen übertragen werden. Als Eigentümer von kommunalen Liegenschaften verfügen Kommunen über das Hausrecht. Private Sicherheitsdienste dürfen jedoch nicht zur Durchsetzung des Hausrechtes an Grundstücken eingesetzt werden, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind. Dies gilt auch für Parks, Kinderspielplätze und allgemein zugängliche Parkplätze von kommunalen Immobilien. Beschäftigten von privaten Sicherheitsunternehmen stehen wie jedem Bürger und jeder Bürgerin keine Hoheitsrechte, sondern nur die sog. „Jedermannsrechte“ zu. Diese gestatten lediglich Eingriffe in die Rechte Dritter allein zum Schutz eigener privater Rechtsgüter und Notwehr. Eine Beauftragung eines Unternehmens mit der Wahrnehmung ordnungsbehördlicher Aufgaben ist somit nicht zulässig (z.B. Aussprache von Platzverweisen, Vornahme von Identitätsfeststellungen, Durchsuchung von Personen, Sicherstellung und Verwahrung von Sachen). Zulässig ist lediglich eine unselbstständige, unterstützende Tätigkeit im Rahmen der Verwaltungshilfe (z.B. gemeinsame Streife). Unzulässig ist ferner die Ausstattung der Beschäftigten von Sicherheitsdiensten mit Bekleidung, die sie als kommunale Bedienstete ausweist.

 

Die Anzahl von Ordnungswidrigkeiten im öffentlichen Raum, die durch den Sicherheitsdienst lediglich dokumentiert und dann durch das Rechts- und Ordnungsamt verfolgt werden, steigt in den letzten Jahren kontinuierlich an. Diese Tendenz lässt die Schlussfolgerung zu, dass sich ohne die Durchführung ordnungsbehördlicher Maßnahmen mit stadteigenem Personal eine Steigerung des Sicherheitsgefühls im öffentlichen Raum nicht erzielen lässt. Aus diesem Grunde ist es erforderlich, aus stadteigenem Personal einen kommunalen Ordnungsdienst (KOD) aufzubauen.

 

Der KOD soll für jeden im Stadtgebiet sichtbar und erlebbar sein. Die Erfahrung anderer Städte und Gemeinden mit KODs zeigt, dass dies von den Bürgerinnen und Bürgern deutlich wahrgenommen und positiv bewertet wird. Auch die objektive Sicherheit kann dadurch gestärkt werden, dass verschiedene Ordnungswidrigkeiten bzw. Straftaten präventiv verhindert bzw. in der Nachverfolgung effektiver geahndet werden können. Eine vollständige Befriedigung der zuvor beschriebenen Ansprüche (z.B. im Wege einer 24/7-Rufbereitschaft), insbesondere die Befriedigung des Sicherheits-bedürfnisses Einzelner, ist mit einem angemessenen finanziellen Rahmen jedoch ausgeschlossen.

 

Der derzeitige „Außendienst“ des Rechts- und Ordnungsamtes fokussiert sich im Wesentlichen auf die Verkehrsüberwachung, auf die Betreuung der Flüchtlingsunterkünfte und die Durchführung von Schulzuführungen. Darüber hinaus unterhält das Rechts- und Ordnungsamt eine Rufbereitschaft für die sofortige Unterbringung von Personen nach dem Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG) sowie bei kurzfristiger Obdachlosigkeit. Die Bediensteten verfügen nicht über gezielte Ausbildungen und Ausstattung für die Tätigkeiten eines KODs. Erhebliche Mehrbelastungen für den Außendienst sind zudem im Rahmen der ordnungsbehördlichen Umsetzung der mit der COVID-Pandemie in Zusammenhang stehenden Regelungen entstanden. Hierzu gehörten beispielsweise die Zustellung von Quarantänebescheiden und die Durchsetzung der Quarantäneanordnungen ebenso wie gezielte Betriebskontrollen und die behördliche Begleitung von Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz. Das Thema „Corona“ wird das Rechts- und Ordnungsamt zukünftig weiter beschäftigen.

 

Personelle Ausstattung

 

Ausgangspunkt der Frage, wie viele Personen für einen KOD notwendig sind, sind dabei zum einen die zugewiesenen Aufgaben und die Zeiträume, wann diese durchzuführen sind. Eine genaue Aufgabendefinition und -festlegung, zusammen mit der im vorangegangenen Kapitel beschriebenen Zielbeschreibung, steht am Anfang der Personalausstattungsbewertung. Mit den Aufgaben kristallisieren sich auch die Arbeitszeiten für den KOD heraus. Die Bekämpfung von Ordnungsstörungen im öffentlichen Raum oder Lärmkontrollen bei Gaststätten bedürfen einer anderen Einsatzzeit als die Kontrolle des ruhenden Verkehrs. Ordnungsstörungen im öffentlichen Raum kommen am häufigsten in den Zeiten zwischen 17.00 Uhr und 01.00 Uhr vor. Am Wochenende kann diese Zeit auch noch weiter in die frühen Morgenstunden vorrücken. Auch unterscheiden sich die Jahreszeiten und die Wochentage in ihren Einsatzhäufigkeiten. Eine Unterscheidung zwischen Sommer- und Wintermonaten ist daher grundsätzlich sinnvoll und sollte in der Planung Berücksichtigung finden. Auch die unterschiedlichen Wochentage spielen in der Einsatzzeit, gekoppelt mit der Aufgabenwahrnehmung, eine wichtige Aufgabe. Freitags und samstags sind mehr Menschen zum Vergnügen in Gaststätten, Diskotheken und im Freien unterwegs. Daraus können sich vermehrt Aufgaben für den KOD ergeben, die wiederum auf die Personalausstattung Einfluss nehmen.

In den Zeiten ist auch zu berücksichtigen, dass die KOD-Mitarbeiter nicht 100% ihrer Arbeitszeit im Außendienst unterwegs sind. Sie benötigen Innendienstzeiten, in denen sie Berichte formulieren, Ermittlungen tätigen können, Fortbildungen und Einsatztraining absolvieren oder Ordnungswidrigkeitenanzeigen bearbeiten. Für die Innendienstzeit muss mind. 25% der Dienstzeit gerechnet werden.

Bei der Personalberechnung ist auch davon auszugehen, dass der KOD aufgrund seiner hoheitlichen Tätigkeit immer in Doppelstreife seinen Dienst verrichten sollte. Dies ist notwendig, um die Eigensicherung beim Einschreiten gewährleisten zu können. Des Weiteren ist nur so eine Beweissicherung durch Zeugenbeweis möglich.

 

Qualifikation

 

Die Qualifikation der Mitarbeitenden ist einer der wichtigsten Bausteine im Aufbau des KODs. Ebenso kommt es bei der in der Praxis oftmals auftretenden Personalfluktuation bei bestehenden Ordnungsdiensten darauf an, den neu hinzukommenden Mitarbeitern eine fundierte Aus- bzw. Fortbildung an die Hand zu geben. Ausbildungen für KODs werden insbesondere über die Studieninstitute für Verwaltung in NRW angeboten. Neben rechtlichem Wissen und körperlichen Fähigkeiten (z.B. zur Selbstverteidigung) sind auch soziale Handlungskompetenzen wichtige Voraussetzungen für den Einsatzdienst.

Problematisch stellt sich bisweilen die Heterogenität der Bewerber für Stellen in KODs dar. Der Dienst ist für klassische Seiteneinsteiger prädestiniert, nur wenige Bewerber kommen aus dem Umfeld polizeilicher Berufsfelder. Ehemalige Mitarbeitende von Sicherheitsdiensten bilden ein großes Spektrum, sind jedoch für andere Aufgaben ausgebildet und müssen erst die ordnungsrechtlichen Dimensionen der Tätigkeit lernen. Da auch viele Bewerber aus Dienst- oder Handwerksberufen stammen, ist das Wissen über die Auseinandersetzung mit Recht, dem Vollzug des Rechts und die dahinterstehenden Prinzipien nicht vorhanden und muss erarbeitet werden. Um alle unterschiedlichen Erfahrungen zusammenzuführen und das Verständnis für die Vollzugstätigkeit aufzubauen, benötigt es Zeit.

 

 

Materielle Ausstattung

 

Als wichtigstes Merkmal eines Vollzugsdienstes nach außen dient die Uniform. Die Uniform sollte funktional sein und für alle Wetterlagen vorbereitet sein. Eine Winter- und Sommervariante ist daher ein Muss. Es sind verschiedene Anbieter von Uniformen auf dem Markt, die ähnliche, aber doch unterschiedliche Designs und Qualitäten aufweisen. Üblich ist ein blauer Uniformstoff. Mützen werden je nach Aufgabe und Kommune in unterschiedlicher Ausführung, Schirmmütze oder Base-Cap, getragen. Immer verbreiteter ist das Tragen von Sicherheitswesten, die entweder nur stichhemmend sind oder zusätzlich gegen Schusswaffen Schutz bieten. Diese können unter dem Hemd/T-Shirt oder als Überziehweste getragen werden.

Darüber hinaus sind die Mitarbeiter mit einem Einsatzstock und Pfefferspray zum Eigenschutz auszustatten. Die Teams sind ferner mit technischem Equipment (Smartphone, Tablet) für die Außendiensttätigkeit auszustatten. Für Lärmmessungen ist ein Lärmmessgerät vorzuhalten.

KODs sind in der Regel mit Fahrzeugen ausgestattet, die optisch dem eines Polizeifahrzeuges nachempfunden werden. Die Fahrzeuge müssen dem Zweck und der Aufgabe des Ordnungsdienstes entsprechen. Kombis, Kastenwagen oder Vans eignen sich gut, um Personen und Gegenstände zu transportieren. Außerdem ermöglichen Vans eigene Einbauten, die das Fahrzeug zu einem Einsatzbüro machen. Daher ist in der Konzeption des KODs auch festzulegen, ob Berichte auch im Fahrzeug geschrieben werden können müssen.

Schließlich ist der richtige Umgang mit sämtlichen Einsatzmitteln sicherzustellen und ebenfalls zu schulen.

Aufgaben

 

Das Aufgabenspektrum soll dabei vorwiegend nachstehende Aufgaben umfassen:

 

·         Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger „vor Ort“ sein,

·         Ermittlung und Meldung von Verunreinigungen (Abfälle, Hundekot) im öffentlichen Verkehrsraum und in Anlagen (Kinderspielplätze, Friedhöfe, Parkanlagen etc.),

·         Ermittlung und Meldung von Sachbeschädigungen an öffentlichen Gebäuden / Einrichtungen (Farbschmierereien, Graffiti etc.),

·         Feststellung von Aktivitäten, die das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger beeinträchtigen (exzessiver öffentlicher Alkoholgenuss, unverhohlener Drogenkonsum, Vandalismus, Rowdytum, Belästigungen etc.),

·         Weiterleitung der Hinweise an die entsprechenden Institutionen (Sozialer Dienst, Drogenberatung, Jugendamt etc.),

·         gemeinsamer Streifendienst und gezielte Aktionen mit der Polizei nach Bedarf,

·         uniformierte Streifentätigkeiten im gesamten Stadtgebiet, insbesondere die Überwachung auffälliger Örtlichkeiten,

·         Durchsetzung der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiet der Stadt Heinsberg,

·         Mitwirkung bei ordnungsbehördlichen Maßnahmen in besonderen Einsatzlagen (z.B. Evakuierung bei Bombenfunden, Überwachung von Sperrzonen bei Tierseuchen, Bewältigung von Aufgaben im Zusammenhang mit der Coronapandemie etc.),

·         Überwachung größerer Ereignisse (z.B. Veranstaltungen im öffentlichen Raum, Versammlungen und Demonstrationen).

 

Bei diesen Aufgaben handelt es sich teilweise um pflichtige Aufgaben (z.B. die Verfolgung und Ahndung von Verstößen gegen allgemeines und besonderes Ordnungsrecht), teilweise um freiwillige Aufgaben der Verwaltung, deren Übernahme gleichwohl geeignet ist, ein höheres Maß an öffentlicher Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten.

 

Die Einführung des KOD ist die wesentliche Grundlage für eine Verbesserung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Darüber hinaus soll er konzeptionell verbunden und praktisch unterstützt werden durch das bestehende Netzwerk weiterer in den Aufgabenfeldern tätiger Akteure (bspw. Polizei, Jugendamt, Träger der Kinder- und Jugendhilfe, Sozialhilfeträger und Sozialarbeiter).

 

Um bereits kurzfristig mit dem Aufbau des KOD beginnen zu können, wurde bereits jetzt die Stellennachbesetzung eines aus Altersgründen ausscheidenden Außendienstmitarbeiters des Rechts- und Ordnungsamtes mit einer dementsprechenden Qualifikation durchgeführt. Im Rahmen einer Übergangsphase wird diese Kraft zu Erprobungszwecken in Kombination mit einer Kraft eines externen Sicherheitsdienstes eingesetzt. Zudem erscheint die kurzfristige Beschaffung eines geeigneten Einsatzfahrzeuges zielführend.

 

Perspektivisch sollte der KOD, auch aus der Erfahrung in anderen Kommunen, wie folgt aufgebaut werden:

 

·         insgesamt 3 Vollzeitbeschäftigte,

·         hauptsächlich wird im Spätdienst gearbeitet:

o   in den Sommermonaten von 14:30 Uhr bis 23:00 Uhr (am Wochenende bis 24:00 Uhr),

o   in den Wintermonaten von 13:30 Uhr bis 22:00 Uhr (am Wochenende bis 23:00 Uhr),

·         die Dienste werden von jeweils 2 Beschäftigten ausgeführt,

·         KOD wird jeden Tag eingesetzt.

 

 

Finanzierung

 

Die zusätzlichen Stellen (2 Vollzeitkräfte) sind für den Stellenplan 2023 vorzusehen. Die Personalkosten für die Folgejahre sind in der mittelfristigen Finanzplanung einzustellen. Für die Beschaffung eines Dienstfahrzeuges entstehen Kosten von ca. 50.000 €. Hierfür stehen im Rahmen der Budgetierungsregeln der Haushaltssatzung innerhalb des Produktbereiches des Rechts- und Ordnungsamtes im Haushaltsjahr 2022 entsprechende Mittel zur Verfügung. Zudem werden durch zusätzliche Verwarn- und Bußgelder Erträge von mindestens 50.000 € / Jahr erwartet. Weiterhin hat die Stadt Heinsberg im Jahr 2022 einmalig einen Landeszuschuss zur Unterstützung der örtlichen Ordnungsbehörden in der Coronapandemiebekämpfung in Höhe von 106.630,92 € erhalten. Hiermit werden die Kommunen bei der Bewältigung des Aufwandes, der durch die örtlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Coronaschutzverordnung entsteht, finanziell unterstützt.