Der gemeinsame Antrag der GRÜNE- und SPD-Fraktion im Rat der Stadt Heinsberg vom 19. Juli 2019 hat folgenden Wortlaut:

 

 

Trotz weltweiter Bemühungen über Jahrzehnte, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren, nimmt deren Konzentration Jahr um Jahr zu. Alle Maßnahmen, dem Klimawandel entgegen zu wirken, haben bisher keinen Erfolg gezeigt. Die Wissenschaft prognostiziert verheerende Folgen für die menschliche Zivilisation und die Natur auf dem Planeten Erde.

Es ist dringend erforderlich, jetzt auf allen Ebenen von Gesellschaft und Politik zu effizienten und konsequenten Maßnahmen zu greifen, um die Katastrophe abzumildern, im besten Fall noch aufzuhalten, sofern dies überhaupt noch möglich ist.

Weltweit haben Kommunen wie Los Angeles, Vancouver, London und Basel und mittlerweile auch in Deutschland sehr viele Städte und Gemeinden (z.B.: Aachen, Münster, Bochum, Herford, Düsseldorf, Bonn, Kiel, Konstanz, etc.) den Klimanotstand ausgerufen und jeden Tag werden es mehr. Sie setzen damit ein Signal und unterwerfen sich damit einer Selbstverpflichtung. Es ist die allerletzte Chance zu handeln!

 

Der Mensch hat bereits einen Klimawandel mit irreversiblen Folgen verursacht, welche weltweit zu spüren sind. Die globalen Temperaturen sind gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter um 1 Grad Celsius gestiegen, weil die CO2-Konzentration in der Atmosphäre drastisch angestiegen ist. Um eine unkontrollierbare globale Erwärmung mit nicht absehbaren Folgen zu verhindern, ist es unerlässlich, die identifizierten Klimakiller (z.B.: Treibhausgasemissionen) schnellstmöglich massiv zu reduzieren.

Bereits 1,5 °C Erderwärmung führen unter anderem dazu, dass der steigende Meeresspiegel riesige Küstengebiete unbewohnbar macht. Auch werden durch die Erderwärmung riesige Permafrostgebiete aufgetaut, die dann weitere klimaschädliche Gase freisetzen und den Klimawandel zusätzlich verstärken.

Die Weltbank schätzt, dass in den kommenden 30 Jahren die Zahl der Klimaflüchtlinge auf über 140 Millionen Menschen ansteigen wird. Auch in Nordrhein-Westfalen wird der Klimawandel zu spüren sein, so werden zum Beispiel Landwirtschaft und Stadtklima von den Folgen direkt getroffen werden.

Der Klimawandel ist also nicht bloß ein Klimaproblem: Er ist auch ein Wirtschafts-, Sicherheits-, Tierschutz-, Friedens- und soziales Problem.

 

Es kann und soll nicht erwartet werden, dass die Lösung dieses Problems alleine durch Eigenverantwortung und von Einzelpersonen erreicht wird. Es braucht jetzt auf kommunaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene zielführende Maßnahmen, um dieser drohenden Katastrophe entgegenzuwirken. Die aktuellen Pläne und Maßnahmen reichen nicht aus, um die Erwärmung dauerhaft auf die angestrebten 1,5°C zu begrenzen. Deshalb ist es jetzt wichtiger denn je, schnellstmöglich zu handeln!

Die Klimakrise betrifft nicht nur Umweltpolitik, sondern auch Planungs-, Verkehrs-, Gesundheits- und Sozialpolitik und dies auf allen politischen Ebenen.

 

Im Sinne der Generationengerechtigkeit ist es zwingend erforderlich, schnellstmöglich zu handeln. Die nachfolgenden Generationen werden die Auswirkungen weiterer Handlungslosigkeit in aller Deutlichkeit zu spüren bekommen. Wir als politische Entscheidungsträger dürfen ihre Zukunft nicht weiter aufs Spiel setzen.

 

Bezüglich der beiden Anträge zum „Klimanotstand“ in der Beschwerdeausschusssitzung vom 08.07.2019 nimmt die Verwaltung eine ablehnende Haltung zur Ausrufung des „Klimanotstands“ ein mit Verweis auf das von allen Ratsfraktionen beschlossene Klimaschutzkonzept, zu welchem bereits ein Förderbescheid ergangen ist und zu dem auch schon erste Maßnahmen umgesetzt wurden.

 

Wir betrachten dieses Klimaschutzkonzept grundsätzlich losgelöst von einer Ausrufung des Klimanotstands.

 

Während sich das Klimaschutzkonzept damit befasst aktiv klimaschutzfördernde Maßnahmen zu identifizieren und umzusetzen, befasst sich die Ausrufung eines Klimanotstands damit, bei allen künftigen Entscheidungen in der Kommune  immer wieder die Auswirkungen auf das Klima sowie die ökologische, gesellschaftliche und ökonomische Nachhaltigkeit zu berücksichtigen und - wenn immer sinnvoll und möglich – die Entscheidungen zu treffen, die den Klimawandel und dessen Folgen am meisten abschwächen. Selbstverständlich sehen auch wir Schnittmengen zwischen Maßnahmen des Klimaschutzkonzeptes und der Feststellung des Klimanotstands, allerdings sehen wir keine identische Stoßrichtung.

 

Daraus ergibt sich, dass das aktuell in Umsetzung befindliche Klimaschutzkonzept und eine Ausrufung des Klimanotstands nicht deckungsgleich sind, sondern sich ergänzen. Aus diesem Grund sehen wir die Ausrufung des Klimanotstands als sinnvolle ergänzende Maßnahme zum Klimaschutzkonzept an.

 

 

Entsprechend soll der Rat der Stadt Heinsberg die nachfolgenden Beschlüsse fassen.

 

Die Stadt Heinsberg

 

- erklärt den Klimanotstand und erkennt damit die Eindämmung des Klimawandels und seiner schwerwiegenden Folgen als Aufgabe von sehr hoher Priorität an

 

- wird die Auswirkungen auf das Klima, die Umwelt und den Artenschutz sowie die ökologische, gesellschaftliche und ökonomische Nachhaltigkeit bei jeglichen davon betroffenen Entscheidungen berücksichtigen und wenn immer sinnvoll und möglich jene Entscheidungen bevorzugt behandeln, welche den Klimawandel oder dessen Folgen am meisten abschwächen (Stichwort: Klimacheck).

Auf diese Weise soll künftig bei allen Maßnahmen klimafreundlichen Lösungen der Vorzug gegeben werden.

 

- wird umfassend über den Klimawandel, seine Ursachen und Auswirkungen sowie über die Maßnahmen, welche gegen den Klimawandel ergriffen werden, informieren. Der Rat der Stadt Heinsberg fordert den Bürgermeister auf, dem Rat und der Öffentlichkeit jedes Jahr über Fortschritte und Schwierigkeiten bei der Reduktion der Emissionen auf kommunaler Ebene Bericht zu erstatten.

 

 

Der Begriff „Klimanotstand“ ist symbolisch zu verstehen und soll keine juristische Grundlage für die Ableitung von Notstandsmaßnahmen sein. Vielmehr verdeutlicht der Begriff „Klimanotstand“, dass eine akute und gegenwärtige Gefahr für das Klima und das Leben der Menschen durch den Klimawandel und seine Folgen besteht und das die bisher ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Gefahr abzuwenden.

 

 

 

 

Der Rat hat die Beratung zu den Tagesordnungspunkten 12.1 bis 12.4 zusammengefasst. Die Ausführungen hierzu finden Sie unter TOP 12.

Der gemeinsame Antrag der GRÜNE- und SPD-Fraktion wurde im Rahmen der Debatte von diesen zurückgenommen, eine Abstimmung erfolgte nicht.