Sitzung: 09.10.2019 Rat
Vorlage: 2019/Amt 10/00942
Der gemeinsame Antrag der GRÜNE- und SPD-Fraktion im Rat der Stadt
Heinsberg vom 19. Juli 2019 hat folgenden Wortlaut:
Trotz weltweiter Bemühungen über Jahrzehnte, den Ausstoß von
Treibhausgasen zu reduzieren, nimmt deren Konzentration Jahr um Jahr zu. Alle
Maßnahmen, dem Klimawandel entgegen zu wirken, haben bisher keinen Erfolg
gezeigt. Die Wissenschaft prognostiziert verheerende Folgen für die menschliche
Zivilisation und die Natur auf dem Planeten Erde.
Es ist dringend erforderlich, jetzt auf allen Ebenen von Gesellschaft
und Politik zu effizienten und konsequenten Maßnahmen zu greifen, um die
Katastrophe abzumildern, im besten Fall noch aufzuhalten, sofern dies überhaupt
noch möglich ist.
Weltweit haben Kommunen wie Los Angeles, Vancouver, London und Basel und
mittlerweile auch in Deutschland sehr viele Städte und Gemeinden (z.B.: Aachen,
Münster, Bochum, Herford, Düsseldorf, Bonn, Kiel, Konstanz, etc.) den
Klimanotstand ausgerufen und jeden Tag werden es mehr. Sie setzen damit ein
Signal und unterwerfen sich damit einer Selbstverpflichtung. Es ist die
allerletzte Chance zu handeln!
Der Mensch hat bereits einen Klimawandel mit irreversiblen Folgen
verursacht, welche weltweit zu spüren sind. Die globalen Temperaturen sind
gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter um 1 Grad Celsius gestiegen, weil die
CO2-Konzentration in der Atmosphäre drastisch angestiegen ist. Um eine
unkontrollierbare globale Erwärmung mit nicht absehbaren Folgen zu verhindern,
ist es unerlässlich, die identifizierten Klimakiller (z.B.:
Treibhausgasemissionen) schnellstmöglich massiv zu reduzieren.
Bereits 1,5 °C Erderwärmung führen unter anderem dazu, dass der
steigende Meeresspiegel riesige Küstengebiete unbewohnbar macht. Auch werden
durch die Erderwärmung riesige Permafrostgebiete aufgetaut, die dann weitere
klimaschädliche Gase freisetzen und den Klimawandel zusätzlich verstärken.
Die Weltbank schätzt, dass in den kommenden 30 Jahren die Zahl der
Klimaflüchtlinge auf über 140 Millionen Menschen ansteigen wird. Auch in
Nordrhein-Westfalen wird der Klimawandel zu spüren sein, so werden zum Beispiel
Landwirtschaft und Stadtklima von den Folgen direkt getroffen werden.
Der Klimawandel ist also nicht bloß ein Klimaproblem: Er ist auch ein
Wirtschafts-, Sicherheits-, Tierschutz-, Friedens- und soziales Problem.
Es kann und soll nicht erwartet werden, dass die Lösung dieses Problems
alleine durch Eigenverantwortung und von Einzelpersonen erreicht wird. Es
braucht jetzt auf kommunaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene
zielführende Maßnahmen, um dieser drohenden Katastrophe entgegenzuwirken. Die
aktuellen Pläne und Maßnahmen reichen nicht aus, um die Erwärmung dauerhaft auf
die angestrebten 1,5°C zu begrenzen. Deshalb ist es jetzt wichtiger denn je,
schnellstmöglich zu handeln!
Die Klimakrise betrifft nicht nur Umweltpolitik, sondern auch Planungs-,
Verkehrs-, Gesundheits- und Sozialpolitik und dies auf allen politischen
Ebenen.
Im Sinne der Generationengerechtigkeit ist es zwingend erforderlich,
schnellstmöglich zu handeln. Die nachfolgenden Generationen werden die
Auswirkungen weiterer Handlungslosigkeit in aller Deutlichkeit zu spüren
bekommen. Wir als politische Entscheidungsträger dürfen ihre Zukunft nicht
weiter aufs Spiel setzen.
Bezüglich der beiden Anträge zum „Klimanotstand“ in der
Beschwerdeausschusssitzung vom 08.07.2019 nimmt die Verwaltung eine ablehnende
Haltung zur Ausrufung des „Klimanotstands“ ein mit Verweis auf das von allen
Ratsfraktionen beschlossene Klimaschutzkonzept, zu welchem bereits ein
Förderbescheid ergangen ist und zu dem auch schon erste Maßnahmen umgesetzt
wurden.
Wir betrachten dieses Klimaschutzkonzept grundsätzlich losgelöst von
einer Ausrufung des Klimanotstands.
Während sich das Klimaschutzkonzept damit befasst aktiv
klimaschutzfördernde Maßnahmen zu identifizieren und umzusetzen, befasst sich
die Ausrufung eines Klimanotstands damit, bei allen künftigen Entscheidungen in
der Kommune immer wieder die
Auswirkungen auf das Klima sowie die ökologische, gesellschaftliche und
ökonomische Nachhaltigkeit zu berücksichtigen und - wenn immer sinnvoll und
möglich – die Entscheidungen
zu treffen, die den Klimawandel und dessen Folgen am meisten abschwächen.
Selbstverständlich sehen auch wir Schnittmengen zwischen Maßnahmen des
Klimaschutzkonzeptes und der Feststellung des Klimanotstands, allerdings sehen
wir keine identische Stoßrichtung.
Daraus ergibt sich, dass das aktuell in Umsetzung befindliche
Klimaschutzkonzept und eine Ausrufung des Klimanotstands nicht
deckungsgleich sind, sondern sich ergänzen. Aus diesem Grund sehen
wir die Ausrufung des Klimanotstands als sinnvolle ergänzende Maßnahme zum
Klimaschutzkonzept an.
Entsprechend soll der Rat der Stadt Heinsberg die nachfolgenden
Beschlüsse fassen.
Die Stadt Heinsberg
- erklärt den Klimanotstand und erkennt damit die Eindämmung des
Klimawandels und seiner schwerwiegenden Folgen als Aufgabe von sehr hoher
Priorität an
- wird die Auswirkungen auf das Klima, die Umwelt und den Artenschutz
sowie die ökologische, gesellschaftliche und ökonomische Nachhaltigkeit bei
jeglichen davon betroffenen Entscheidungen berücksichtigen und wenn immer
sinnvoll und möglich jene Entscheidungen bevorzugt behandeln, welche den
Klimawandel oder dessen Folgen am meisten abschwächen (Stichwort: Klimacheck).
Auf diese Weise soll künftig bei allen Maßnahmen klimafreundlichen
Lösungen der Vorzug gegeben werden.
- wird umfassend über den Klimawandel, seine Ursachen und Auswirkungen
sowie über die Maßnahmen, welche gegen den Klimawandel ergriffen werden,
informieren. Der Rat der Stadt Heinsberg fordert den Bürgermeister auf, dem Rat
und der Öffentlichkeit jedes Jahr über Fortschritte und Schwierigkeiten bei der
Reduktion der Emissionen auf kommunaler Ebene Bericht zu erstatten.
Der Begriff „Klimanotstand“ ist symbolisch zu verstehen und soll keine
juristische Grundlage für die Ableitung von Notstandsmaßnahmen sein. Vielmehr
verdeutlicht der Begriff „Klimanotstand“, dass eine akute und gegenwärtige
Gefahr für das Klima und das Leben der Menschen durch den Klimawandel und seine
Folgen besteht und das die bisher ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichen, um
die Gefahr abzuwenden.
Der Rat hat die Beratung zu den Tagesordnungspunkten 12.1 bis 12.4
zusammengefasst. Die Ausführungen hierzu finden Sie unter TOP 12.
Der gemeinsame Antrag der GRÜNE- und SPD-Fraktion wurde im Rahmen der
Debatte von diesen zurückgenommen, eine Abstimmung erfolgte nicht.